Sherlock Holmes - Background to a Phenomenon (Header)
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Sherlock Holmes – Figur mit Methode

2.4. Die Figur und ihre Ursprünge

Eine Skizze der tatsächlichen geschichtlichen Wurzeln von Sherlock Holmes als Figur A.C.Doyles – mit Qulleninterpretation.

Eine Skizze der tatsächlichen geschichtlichen Wurzeln von Sherlock Holmes als Figur A.C.Doyles – mit Qulleninterpretation.Seltsamerweise scheinen die vielen glühenden Bewunderer von Sherlock Holmes gleichermaßen darauf aus zu sein, an ihn als echten Menschen glauben zu können, wie darauf, etwas über mögliche Entsprechungen im echten Leben herauszufinden –  immerhin ein Widerspruch in sich.

Soweit wir wissen, steht das fiktive Genie in besonders enger Verbindung zu zwei Menschen: A. Conan Doyle selbst und Joseph Bell, seinem Medizinprofessor.
Ein Arzt scheint ein passendes Vorbild für einen Detektiv: Genau wie dieser sieht sich ein Arzt den Problemen seiner Klienten gegenüber – die selbst nur sehr wenig von seinem Fach verstehen – und muss sämtliche Informationen zusammentragen, die sie ihm geben können, um deren Bedeutung zu beurteilen und schließlich eine Lösung vorzuschlagen. Prof. Dr. Joseph Bell besaß offenbar in gewissem Maße viele der Fähigkeiten, die später mit Sherlock Holmes in Verbindung gebracht werden sollten. In einem Brief an seinen früheren Dozenten schreibt A.C. Doyle:

Ich glaube nicht, dass die Analysearbeit [des Detektivs] im mindesten eine Übertreibung einiger außergewöhnlicher Wirkungen ist, die ich Sie in der Ambulanz erzielen sah. Um den Kern der Deduktion, […] die sie uns eingeschärft haben,  versuchte ich, einen Menschen zu schaffen, der die Sache soweit wie nur irgend möglich trieb, [oder sogar darüber hinaus]…

Verschiedene Dokumente stützen die Aussage des Autors, dass Bell – ähnlich Holmes – „ihnen [den Patienten] ihre Symptome und sogar Einzelheiten aus ihrem bisherigen Leben nennen” konnte – und das „bevor sie auch nur den Mund aufgetan hatten.” (1) Man darf daher davon ausgehen, dass Dr. Joe Bell einen entscheidenden Einfluss auf die Welt des Sherlock  Holmes hatte, obgleich der fiktive Held tatsächlich bis zu einem gewissen Grad dessen „[wahre] Umrisse verwischt”  haben dürfte, wie ein Kritiker behauptet .(2)

Und dennoch ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass Holmes A.C. Doyle’s Phantasie entstammt und die Verbindungen zwischen beiden daher vermutlich die stärksten sind.
Es ist einem Schriftsteller unmöglich, eine Figur mit Charakterzügen zu schaffen, die seiner eigenen Persönlichkeit völlig fremd sind, und zwar allein schon deshalb, weil die Ideen für die Geschichte und ihre Handlung aus der eigenen Erfahrung des Autors bezogen werden müssen. Aus diesem Grund stimmt Conan Doyle zu, dass er auf seine Weise Anteil an einigen von Holmes' Qualitäten hatte - eine Ansicht,  die von seinem Sohn bekräftigt wird, der darauf hinweist „dass die deduktiven Beobachtungsfähigkeiten seines Vaters seiner Erfahrung nach ihresgleichen suchten” und deshalb für den Werkkanon von größter Wichtigkeit waren. (3)
Meiner Ansicht nach war es eine Kombination dieser beiden Inspirationsquellen, die eine so faszinierende Figur wie Sherlock Holmes, die Vernunft in Menschengestalt, hervorbrachte.


(1)
Auszüge aus Originaldokumenten, zitiert nach: T.H. Hall: Sherlock Holmes and his creator, Kapitel 7, S. 78 - 79 (Ü.d.A.). [Text]
(2)
Professor Nordon in: T.H. Hall (‘Creator’), S. 80  (Ü.d.A.). – Einen Überblick über die diesbezügliche Debatte findet sich ebd., S. 78 - 86.[Text]
(3)
Einzelheiten zu diesem Argumentationsstrang siehe: T.H. Hall (‘Creator’), S. 87 - 90. [Text]
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www.text-traeger.de · Autor: Paul - Christoph Trüper (Deutsch: 2009).
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