Edith Nesbit’s The Red House in neuer Übersetzung

Wir zwei im Roten Haus

Der Roman · Ausgaben und Audios ·  Zusatzinfo

Glossar zum Roten Haus

Das folgende Verzeichnis versammelt in aller Kürze historische Hintergrundinformationen zu Zeitumständen, Personen, Sachgegenständen und Ereignissen aus E. Nesbits Liebesroman The Red House  – Wir zwei im Roten Haus. Die einzelnen Einträge sind bewusst essayhaft, leicht und knapp gehalten und versuchen, den gutgelaunten, (selbst-)ironischen Stil des Romans aufzugreifen. Ich hoffe, dass es so noch leichter gelingt, den Roman als Schaufenster in eine andere, mittlerweile (weit) weggerückte, Zeit zu begreifen.  Auswahl und Interpretation der verzeichneten Einzelheiten liegen komplett bei mir als Herausgeber. Es wäre schön, wenn Roman und Glossar gemeinsam zum weiteren Nachdenken und Nachrecherchieren anregen würden.

PCT, 6/ 2022


flog der Kutsche nach:
Eigentlich rollt hier ein Brougham als Hochzeitskutsche in die Geschichte: eine vierrädrige, überdachte Kutsche mit (nur) einem Pferd und Platz für zwei Fahrgäste plus Fuhrmann. Dieser Einspänner war ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zur Jahrhundertwende – und damit in der Entstehungszeit dieses Romans – sehr beliebt und kommt auch in zahlreichen anderen Erzählungen vor. Auf dem Weg ins Deutsche sperrte er sich allerdings etwas zu sehr gegen eine anschauliche Übersetzung dieses Romananfangs. – Hieraus lässt sich zweierlei lernen: Erstens waren Kutschen in der Lebenswirklichkeit von Len und Chloe, oder vielmehr: der ihrer realen Zeitgenossen, noch ein bedeutendes Verkehrsmittel. Und zweitens war von Bedeutung, um welche Art von Kutsche es sich handelte. Bei Luxus und Komfort wäre für das junge Paar verständlicherweise also noch einige Luft nach oben gewesen.
den Zuckerhut, Sardinen, Flaschenbier und dergleichen Kostbarkeiten:
Zucker war zur Zeit des Romans noch deutlich kostbarer als im durchindustrialisierten 21. Jahrhundert und wurde in Form von Zuckerhüten verwendet, von denen man nach und nach kleine Mengen abschlug. Der Zuckerwürfel wurde erst Anfang 1843 erfunden, fünf Jahre vor der gescheiterten bürgerlichen März-Revolution in Deutschland. Die Aufzählung dieser Kostbarkeiten erinnert sowohl an den im Roman ausgelebten Versuch, es sich – selbst unter sehr schwierigen Umständen – in einem ebenso bürgerlichen wie künstlerischen Haushalt gut gehen zu lassen, als auch daran, wie viel mehr Arbeit und Aufwand ein solches gutes Leben seinerzeit erforderte.
die Rindersteak-Pastete
Genaugenommen tischt Chloe hier im Geiste beefsteak pudding auf, eine Rinderpastete mit dem Fleisch im Teigmantel.
die neuesten verwerflichen Machenschaften der Londoner Wasserkonzerne:
Mit Sicherheit war die Wasserversorgung und die soziale Frage, wer welchen Zugang dazu hatte, ein zentrales Thema der entstehenden Großstadt-Kultur des 19. Jahrhunderts. Vor seiner Zeit als erfolgreicher Journalist und Aktivist war E. Nesbits erster Mann, Hubert Bland, Angestellter bei einem Wasserkonzern. In wieweit sich ihre Erzählung hier auf einen konkreten politischen Konflikt bezieht, ist (mir) nicht ganz klar.
einige hundert Pfund im Jahr
Man hatte wirklich allen Grund, sich über diesen Betrag zu freuen. Geschichtliche Vergleiche von Geldbeträgen sind immer heikel, aber hundert Pfund reichten im Viktorianischen England aus, um eine ordentliche (klein-)bürgerliche Existenz zu führen – also zum Beispiel auch eine eigene Familie zu gründen. ₤100 entsprachen etwa dem Jahresgehalt eines Postangestellten oder dem eines sehr renommierten Butlers; eine Verkäuferin konnte sich bestenfalls Hoffnung auf die Hälfte dieser Summe machen. Vergleiche dazu (online und auf Englisch): Artikel: Victorian Money bei victorianlondon.org.
halb abgehobene[r] Doppelhaushälften
Hier macht sich die Autorin anhand der Doppelhaushälften gesellschaftskritisch über deren Bewohner lustig. Das Englische spricht hier poetischer von „detached houses“ und legt spitzen Zungen nahe, dass auch die Menschen darin „semi-detached“: halb losgelöst (oder: abgehoben) sein könnten – vermutlich von Elend und Getümmel der Großstadt.
wie der Schnee im Ratevers
Hier bezieht sich E.Nesbit wohl auf einen Ratevers für Kinder, in dem der Schnee ums Haus zieht, oder: wirbelt, ohne je hineinzugehen. Ähnliches erzählt man sich im Englischen vom Wind oder der Sonne. Dies ist ein Beispiel dafür, wie E.Nesbit Volksgut verarbeitet: Wie naheliegend es ist, zwei Ratlose mit wirbelndem Schnee zu vergleichen, bleibt jedem selbst überlassen.
der Haussee
Genaugenommen verfügt das Haus, das insofern geradezu märchenhaft herrschaftlich sein muss, über einen moat: ein größeres, künstlich angelegtes Gewässer um ein Haus, das man auch mit Wassergraben o.ä. übersetzen könnte.Zum weiteren Verlauf der Geschichte passt der (große) See aber besser.
Horas numero...
Dem altehrwürdigen lateinischen Motto folgend, zählt die Sonnenuhr keine Stunden, wenn nicht die heiteren, ruhigen, wolkenlosen… was sich auf Deutsch dann wohl so übersetzt. E. Nesbit verwendete bei Gelegenheit gern lateinische Elemente: Sie hatte die Sprache, noch untypisch für Frauen jener Zeit, ein wenig in der Schule gelernt und sie konnte darauf bauen, dass auch ihr Publikum, sofern es zur gebildeten Mittelschicht gehörte, Latein konnte, oder zumindest überzeugt war, es zu verstehen. 
ein Bild aus dem Silas Marner
E. Nesbit zitiert hier einen Roman der Autorin George Eliot (eigentlich: Mary Ann Evans, 1819-1880) von 1861, der unter anderem auch für seine realistischen Beschreibungen bekannt wurde.
die Katze kriegt schon noch Butter an die Pfoten
Diese Redewendung entspricht überraschenderweise tatsächlich einem Tipp aus der Katzenhaltung, um Hauskatzen an ein neues Zuhause zu gewöhnen: Man möge der Katze die Pfoten mit Butter einstreichen, damit diese die leckere Butter von den Pfoten leckt und dabei den Duft der neuen Räume mit in sich aufnimmt, wobei sie ihn mit einer positiven Erinnerung verbindet. Einmal abgesehen davon, ob Katzen sich so etwas oft gefallen lassen, soll es nach heutigem Kenntnisstand ohnehin nicht helfen. 
eine Pariserin in Trouville
Frankreich ist, wie hier deutlich wird, schon lange internationaler Vorreiter in Sachen Mode. E. Nesbit selbst kannte und schätzte das Land – durchaus im Gegensatz zu Deutschland, wo sie ebenfalls einige Schuljahre zugebracht hatte. Es gibt mehrere Gemeinden in der Normandie, die den Namen Trouville tragen: Gemeint ist aber wahrscheinlich das Seebad Trouville-sur-Mer , ursprünglich ein Fischerdorf, das zum auch bei Künstlern beliebten Ferienort wurde. Dort würde man sicher eine schicke Hauptstädterin antreffen können – ein Kompliment für Chloe.
Fleisch im Chiffon
Dies war eine Zeit, bevor Kühlschränke in Gebrauch kamen – wodurch Einmachen, Pökeln und Co. noch höchst alltagswichtige Haushaltstechniken waren. Chloe nimmt dazu wohl Chiffon-Stoff zur Hilfe. Die vegetarische Ernährung als Statement für eine bessere Welt war im Langen 19. Jahrhundert übrigens ebenfalls eine Neuheit.
2 Pfund, 17 Schilling, 7 Pennies
Das Währungssystem zur Zeit des Viktorianismus im Vereinigten Königreich war vergleichsweise kompliziert und auch noch nicht dezimal: Es galt kein Zehnersystem; die einzelnen Einheiten lassen sich also nicht einfach als Vielfache von 10 ineinander umrechnen. Die beiden geben hier etwa 1/3 des Jahreslohns eines einfachen jungen Hausmädchens aus; bedenkt man, dass bürgerliche Haushalte mit 100 Pfund im Jahr (siehe oben) schon weit kommen konnten und mussten, werden die Propositionen noch klarer. Weitere Informationen (online) zum Beispiel in diesen Darstellungen (Englisch):Victorian Money - 1876 Victorian England Revisited (logicmgmt.com) · Victorian Money (victorianlondon.org).
jenem Ziegelbau, den ein gütiges Land seinen offensichtlicheren Fällen von Versagen errichtet hat
Lens Äußerung spielt auf die – seinerzeit neuen und durchaus bereits kritisierten – Arbeitshäuser an, die zu den Versuchen des viktorianischen Staates zählten, eine Art Armenfürsorge-System zu errichten. Hier wurde zwar einigermaßen für den Lebensunterhalt von mittellosen und hilfsbedürftigen Menschen gesorgt, die im System der sich modernisierenden Gesellschaft keinen Platz (mehr) fanden. Die Betroffenen mussten aber hart und oft unter entwürdigenden Bedingungen arbeiten, was die Bedeutung von Arbeit und (anständigem) Wohlverhalten im viktorianischen Wertesystem unterstreicht. Man ging davon aus, dass es diesen Menschen an Fleiß und anderen positiven Charaktereigenschaften fehle; jedenfalls konnte man sich noch länger nicht zu humaneren, weniger herabsetzenden Formen sozialstaatlicher Hilfe durchringen, die auch den in schwierige Umstände geratenen Menschen gleichberechtigte Mitbestimmung ermöglicht hätten. Edith Nesbit war durch ihr Engagement in der Armutsbekämpfung und in den Kreisen der Fabian Society mit den zugehörigen sozialkritischen Debatten der Zeit sicher sehr vertraut: Ihrer spitzen Feder folgend darf man – im englischen Original ebenso wie in diesem Übersetzungsversuch – durchaus die Frage stellen, ob hier der Staat versagt hat oder die betroffenen Menschen.
ein praktischer Lebensreformer
Die Aufbruchzeit des 19. Jahrhunderts mit ihrem tiefgreifenden sozialen Wandel brachte auch viele persönliche und gesellschaftliche Suchbewegungen nach besseren Wegen, wie zu leben und zu arbeiten wäre, hervor. Könnte man nicht anders wohnen und leben? Sollte man eine andere Sexualmoral, andere Geschlechterverhältnisse, pflegen – und wenn ja, welche? Bräuchte es ein anderes Verhältnis zur Natur, oder mehr Kultur? Wo und wie sollte man unverfälscht „Zurück zur Natur!“ finden können? Welche Beschäftigungen lohnen, welche Themen drängen wirklich? Diese und ähnliche Fragen standen zur Debatte. – Ein uneinheitliches, quicklebendiges Bündel solcher Veränderungsbestrebungen bildete auch die Lebensreform-Bewegung. Im engeren Sinne gehörten dazu Strömungen, die Naturnähe, Freikörperkultur, Rohkost und andere 'natürliche', vegetarische Ernährungsweisen sowie die Anwendung der Naturheilkunde propagierten und eine eher geschlossene (weltanschauliche) Gemeinschaft bildeten. Allgemein gab es sehr vielfältige Verbesserungsvorschläge, die sich in Vereinigungen, Gesellschaften, Verbänden und Aktionen manifestierten oder (exzentrische) Einzelpersonen bewegten. Edith Nesbit, obgleich selbst Teil dieser Szenerie, macht sich in diesem Roman durchaus etwas über diese Bewegungen und ihren überschäumenden Eifer lustig – in diesem Fall nutzt sie die spitzzüngige Anspielung auf die Lebensreform(er) für etwas Selbstkritik aufseiten ihres Künstlerpaars.
ihre Persönlichkeit wirkt auf deine
In dieser Formulierung – die womöglich in meiner deutschen Übersetzung noch harmloser daherkommt, als im Original – steckt eine Anspielung auf den Spiritismus (spiritualism), der zur Zeit E. Nesbits in Intellektuellenkreisen durchaus ernsthaft entwickelt und diskutiert wurde, und dem sie zeitweise selbst nahestand. Zu dessen wesentlichen Überzeugungen gehört – neben einem persönlichen Weiterleben nach dem Tod, „auf der anderen Seite des Schleiers“, von wo aus man mit den Lebenden kommunizieren könne, und der Existenz übernatürlicher Wesen und Geister – eben auch die Überzeugung, dass Personen auf immaterielle, übersinnliche Weise auf die Ferne miteinander kommunizieren können. Edith Nesbit nimmt diese Überzeugung – gleichsam als Trost für ihre übernervösen Hauptfiguren – hier humorvoll aufs Korn.
amerikanisch zu sein
Hier spielt die Autorin mit einem britischen Klischee über Amerika – oder auch mit der durchaus „besonderen“ , aber auch gespannten, Beziehung (special relationship) zwischen Großbritannien und Amerika. Amerikaner gelten demnach als erfolgreicher und sehr pragmatisch, aber auch deutlich weniger und oberflächlicher kultiviert und zivilisiert. In Chloes Entgegnung wird freilich auf ein wohlbekanntes literarisches Klischee der Zeit Bezug genommen: der/die reiche (und erfolgreiche) amerikanische Geliebte, der/die alles durcheinander – oder die große Wende – bringt. E. Nesbit spielt ein weiteres Mal virtuos auf der Klaviatur der Klischees.
wie Blumen auf einem Fest
Das Englische kennt viele Redewendungen, in denen sich alles um Blumen dreht – diese hier erschließt sich (mir) nicht eindeutig, ebenso wenig konnte ich das Zitat zuordnen: E. Nesbit setzt ja Anführungszeichen. Meint die Autorin hier etwa: „ungefähr irgendwie nützlich, aber nicht allzu sehr, dafür eine Zierde; weit und wahllos verteilt“?  Ironisiert sie diese Zier, da es ja um ausrangierte, und beim Vergleich mit Blumen  um so hässlichere Haushaltsgegenstände geht? Fest steht: E. Nesbit liebte Blumen und lässt sie in anderen ihrer Werke durchaus noch symbolischer sprechen als in diesem Roman… Weitere erhellende Hinweise werden entgegengenommen.
Löschpapier
Das Löschpapier dürfte zu jenen Alltagsgegenständen gehören, die aus der Erinnerung kommender Generationen allmählich verschwinden: Zu Zeiten des Romans schrieb man zu den meisten Gelegenheiten mit Tinte – und übrigens mit der Hand. Um zu verhindern, dass das Geschriebene verwischte, solange es noch nicht trocken war, und nötigenfalls Kleckse zu entfernen, diente das Löschpapier: ein relativ billiges, raues und hervorragend saugfähiges, grobes Papier zum Abtupfen der eigentlichen Seite.
Charles Reade: Hard Cash
Charles Reade (1814-1884) war ein im 19. Jahrhundert bedeutender Roman- und Theaterautor, der sich ausgeprägt und realitätsnah mit sozialen Missständen beschäftigte. In der Folgezeit geriet er jedoch weitgehend in Vergessenheit. E.Nesbit zitiert hier also wohl – ein weiteres Mal ironisch – einen ihr geistig nahestehenden Kollegen. In dem angesprochenen Roman geht es eigentlich um die problematischen Verhältnisse in psychiatrischen Anstalten, auch wenn an besagter Stelle nur von der (opportunistischen?) Partnersuche der Dienstboten die Rede ist. Die Autorin lässt ihren Erzähler zudem mit dem Titel spielen: Während der sich eigentlich auf „harte Währung“ bezieht, deutet Len ihn kurzerhand als Hinweis auf ihre „harte Situation“ um.
[dem] galvanisierten Kunstsilber
Unter einer dünnen Schicht Wohlstand kann allerhand privates Chaos schlummern, wovon der Roman ja einiges zu erzählen weiß. Insofern hat das humorvolle Eingeständnis des Erzählers sogar etwas Metaphorisches. Eigentlich ist aber von einer preiswerteren Variante des prestigeträchtigen Silbergeschirrs die Rede: Für diese Art von Kunstsilber wird elektrochemisch eine dünne Schicht Silber auf ein weniger wertvolles Trägermaterial aufgebracht – ein zu dieser Zeit recht neues Verfahren, das aber sicher die Teilhabe an ansehnlichen Wohlstandsgütern – gerade für aufstrebende Angehörige der Mittelschicht – deutlich erweiterte.
meiner Remington
Wer aus Profession oder Passion mehr zu sagen hatte, konnte seine Texte auch zu Zeiten des Roten Hauses mit der Schreibmaschine verfassen. Diese zu Beginn recht wuchtigen Geräte standen ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zur Verfügung, wobei der Weg dorthin technisch nicht einfach gewesen war: Die Investition in ein gescheitertes Schreibmaschinen-Modell ruinierte beispielsweise beinahe den Schriftsteller Mark Twain (1835 - 1910). Seither wurden die Maschinen immer komfortabler, um schließlich von der Textverarbeitung am Computer verdrängt zu werden. Die von Len benutzte Marke wird allerdings noch heute teuer gehandelt.
eine Durchbruchsarbeit
Hierbei handelt es sich um eine offenbar recht filigrane, feine Form von Handarbeit mit Stoff, bei dem aus dem vorhandenen Gewebe durch Entfernen einzelner Stellen oder Fäden Muster herausgearbeitet werden. Handarbeiten waren damals freilich nicht nur ein Kompetenzbeweis für die (bürgerliche) Hausfrau, sondern – bis zum Siegeszug der industriellen Massenfertigung von Alltagsgegenständen – sehr wohl noch für die Haushaltsausstattung notwendig. Chloe zeigt hier also durchaus typischen Fleiß und Ehrgeiz. Die Ergebnisse solcher Handarbeit haben heute im Rückblick natürlich einen ganz anderen (Seltenheits-)Wert: Sie mögen eigenartig wirken, verkörpern aber auch ein höheres Maß an zeitgebundener Kreativität und Individualität. –Vergleiche auch den Wikipedia-Eintrag zur Durchbruch(s)arbeit
Oper aus dem Savoy
Die leicht genießbaren und operettenhaften ‚komischen‘ Opern des Savoy Theaters in London gaben einer ganzen Stilrichtung den Namen, die sich im Viktorianischen England entwickelte, mit W.S. Gilbert and A. Sullivan als den wegbereitenden Autoren. Chloe wählt hier also eine literaturgeschichtliche Metapher, um zu beschreiben, wie viel komplexer ihr Leben geworden ist.
Thoreau
Henry David Thoreau (1817-1862) war ein US-amerikanischer Denker, dessen Hauptwerk Walden bleibende Nachwirkung entfaltet hat. Er propagiert darin – basierend auf eigenen Erfahrungen – ein naturnahes, ‚einfaches‘, abgeschiedenes Leben fernab der Zivilisation. Vermutlich lässt E.Nesbit Chloe hier (halbernst) auf solche Ideen anspielen.
die Form der Dinge sehen
Nach einer einflussreichen Zeichenschule des 19. Jahrhunderts war dies – die Formen einzelner Objekte aus der Gesamtheit der visuellen Wahrnehmung herauslösen zu können – eine der wesentlichen Fähigkeiten des angehenden bildenden Künstlers. Zeichenfähigkeiten waren – vor dem Auftreten leicht verfügbarer, abdruckbarer Bilder und der Photographie – ein wichtiges Kommunikationsmittel und zudem eine Möglichkeit, die eigene Bildung unter Beweis zu stellen. E. Nesbit hatte selbst einige Erfahrung im Zeichnen und lebte zeitweise vom Kolorieren (farbigen Bemalen) von Grußkarten.
waren die [...] Trauben [...] sauer?
Hier spielt E. Nesbit einmal mehr auf Mythos und Fabel an, in diesem Fall auf eine Äsop'sche Fabel: der schlaue Fuchs redet sich darin ein, dass die Trauben sicher sauer seien, da sie so hoch hängen, dass er sie ohnehin nicht erreichen und essen kann.
Globe- Allzweckreiniger
Dies war wohl eines der Wundermittel, die bis in das 20. Jahrhundert hinein mit dem Versprechen vertrieben wurden, Hausfrauen die Haushaltsführung zu erleichtern. Heute sind davon immerhin noch nostalgische Werbeschilder mit süßer Katze im Umlauf. Allerdings scheint das Mittel eben doch nicht für alles gut gewesen zu sein – und sein falscher Gebrauch vielleicht ein Beleg, dass die Frau des Hauses nicht (nur) zur Hausfrau taugt, sondern zu Höherem geboren ist.
Spode (and Copeland)
Die Marke Spode steht weiterhin für gutes Geschirr mit fein ausgestalteten, filigranen und oft floralen Mustern und auch Spode and Copeland wird zu Beginn des 21. Jahrhunderts – mittlerweile zum Beispiel online – noch immer als Klassiker gehandelt.
et cetra pp.
Im Original steht hier das deutsche „und so weiter“ – eines jener Sprachpuzzle-Teile, die es englischen Autoren immer mal wieder angetan haben, wie zum Beispiel auch das deutsche „überhaupt“. Der Übersetzer hat an dieser Stelle den Spaß mitgemacht, ebenso für ein paar Worte die Sprache zu wechseln.
Oliver [Twist]
E. Nesbit spielt in diesem Dialog auf den berühmten Roman Oliver Twist (um 1839) von Charles Dickens (1812-1870) an, in dem der kleine Oliver, ein Waisenjunge unklarer Herkunft, sich aus einem harten Leben abseits der Gesellschaft mit allerhand Misshandlungen und Zumutungen zu seiner eigentlichen Bestimmung emporarbeiten muss. Eine besondere Rolle spielt dabei die üble Behandlung der Jungen in einem der damals üblichen Armenhäuser, wo die Zöglinge unter einem Mister Bumble zu harter Arbeit angetrieben werden. – Der gesellschaftskritische Roman – heute ein viktorianischer Klassiker – entfaltete durch seine drastischen und mitreißenden Schilderungen des Elends große Wirkung, indem er auf sehr reale Probleme im frühindustriellen England aufmerksam machte.E. Nesbit dürfte ihr eigenes Problembewusstsein und Engagement hier gut aufgehoben gefunden haben. Das Werk entspricht zugleich einem klassischen Denk- und Erzählmuster, nach dem sich die Unschuldigen und Aufrichtigen mit etwas Unterstützung aus Elend und ungünstigen Umstanden herausarbeiten könnten – und stellt gewissermaßen einen ethischen Reparaturversuch mit poetischen Mitteln für die eklatanten sozialen Verwerfungen seiner Zeit dar.
eine ausgezeichnete Krankenpflegerin
Eine Frau zu sein, die Kranke gut pflegen konnte, galt im 19. Jahrhundert tatsächlich als eine besondere Auszeichnung – es war auch eine der Berufungen, die man Frauen früh zugestand. Da man noch kein ausgeprägt biomedizinisches Bild von Krankheiten hatte, die meisten Krankheits- und Heilungsprozesse in ihren physischen Details noch weitgehend unbekannt waren, und schon deshalb die Behandlungsmöglichkeiten oft begrenzt blieben, wurde der spirituellen, karitativen und fürsorglichen Betreuung von Kranken besondere Bedeutung beigemessen. Es galt, die Kranken individuell in ihrer (charakterlichen) Lebensführung/ Krankengeschichte (mit einem Regime aus Milde und Strenge) so zu unterstützen, dass diese die ‚Krise‘ ihrer Erkrankung überstehen und sich davon erholen konnten, um zu genesen. Diese Unterstützung spenden zu können, galt als besondere Begabung. Wie solche Fürsorge aus heutiger Sicht zu bewerten ist, und wie sie sich zu den zunehmend hochdifferenzierten und sehr effizienten körperlichen Behandlungsmethoden der modernen Medizin verhält, ist eine spannende Diskussionsfrage. Ganz davon abgesehen ist zweifelhaft, ob der Erzähler Len dieses Kompliment hier ganz ernst meint?
Feen bei der Taufe
Hier sind es gleich mehrere Feen, die sich, wie im deutschen Märchen Dornröschen, für ihre Missachtung bei einer wichtigen Familienfeier rächen: Wieder einmal spielt E. Nebit auf literarisches Volksgut an.
Penbroke- Ausziehtische
Diese geradlinigen und eleganten Vielzweck-Tische (mit Schubladen), die leicht zu verstauen waren, da zwei Seitenteile ihrer Tischplatte klappbar sind, entstanden Mitte des 18. Jahrhunderts. Sie blieben bis in das 19.Jahrhundert als Wohnzimmer-Einrichtung populär. Ideengeberin und erste Bestellerin für einen solchen schicken Tisch soll die Herzogin von Penbroke, oder aber Henry Herbert, Baron von Penbroke, gewesen sein. Penbroke-Tische werden bis heute als Antiquitäten gehandelt.
den [Tisch] mit am wenigsten Bein
Im puritanisch-prüden Viktorianischen England stellten Tische mit sichtlich langen Beinen ein Problem dar, da die Tischbeine an menschliche Beine und damit an erotische Sehnsüchte hätten erinnern können: Folglich behalfen sich manche mit langen Tischdecken, um mit dieser Versuchung nicht konfrontiert zu sein. Die Autorin nimmt dies wohl – mit Blick auf die ‚konservative Verwandtschaft‘ – hier aufs Korn.
aber das Achte Gebot zu verletzen
„Du sollst nicht stehlen!“ gilt Christen als das achte der Zehn Gebote: In bibelfesteren Zeiten, wie jenen des Romans, wusste das Lesepublikum dies natürlich auch sofort und beherzigte es, wie heute, wohl ebenfalls meistens. Ob Len allerdings mit seinem Tadel und seiner Entrüstung ganz ernst zu nehmen ist?
Villon
Francois Villon (circa 1431-1463) war ein Dichter und Krimineller im zu Ende gehenden Mittelalter – eine durchaus schillernde, faszinierende Verbrecher- oder Schurkengestalt des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Sein Lebensweg war gekennzeichnet durch Morde, Raubüberfälle und Raufereien. Durch verschiedene Zufälle und ein geschicktes Agieren gegenüber wechselnden Mächtigen gelang es ihm immer wieder, Haftstrafen nicht vollständig verbüßen zu müssen, und sogar seiner Hinrichtung zu entgehen, da ein Todesurteil letztlich in langjährige Verbannung abgemildert wurde, vor deren Ende sich seine Spur verliert. Um seine Person ranken sich Mythen und Legenden, die man natürlich wegen ihres Gehalts an Abenteuerlust gern weitererzählte. Für einige Autoren des 19. Jahrhunderts wurde er als „verrufener“, „verlassener“ Dichter zur Inspirationsfigur. E. Nesbit bedient sich also wieder einmal des im (gebildeten) Volk vorhandenen Geschichtenvorrats.
du kabelst ihnen besser allen schnell
In der höchsten Not der Hausfrau möchte sich Chloe hier am liebsten eines seinerzeit sehr modernen, aber teuren, Kommunikationsmittels bedienen. Das Telegramm wurde Mitte des 19.Jahrhunderts erfunden und stellte eine Möglichkeit dar, Textnachrichten begrenzter Länge vergleichsweise schnell zu übermitteln. Private Telefone waren bis ins frühe 20. Jahrhundert noch ungebräuchlich. Das Telegramm musste bei einem Postbediensteten aufgegeben werden, wurde dann an das für die jeweiligen Empfänger*innen zuständige Telegrafenamt übermittelt und als Abdruck oder Abschrift auf Papier zugestellt. Es unterlag dem strengen Briefgeheimnis. Abgerechnet wurde nach Worten, daher der extrem verknappte ‚Telegrammstil‘. Ganz wie nachfolgende Telekommunikationseinrichtungen, veränderte auch das Telegramm Politik und Gesellschaft merklich. Hätte Len jedenfalls das Gros seiner Gäste noch rechtzeitig erreichen wollen, um ihnen abzusagen, wären ihm wohl kaum andere Möglichkeiten geblieben – Briefe waren zwar vielleicht häufiger, und schneller unterwegs, als heute, aber viel zu langsam.
König Alfred
Dies ist eine Anspielung auf den (angel)sächsischen König Alfred den Großen (871-899) – König von Westsachsen, Wessex. Der König unternahm in schwieriger Zeit große Anstrengungen, etwa in der Landesverteidigung gegen Dänemark und setzte eine Vielzahl von Reformen im Land ziemlich geschickt in Gang, etwa zur Stärkung der Bildung und der Frömmigkeit. Dabei musste er sich jedoch immer mit ungünstigen Ausgangsbedingungen – nach der Erbfolge war bereits unwahrscheinlich, dass er überhaupt König würde – sowie Krankheit und Leid auseinandersetzen. E. Nesbit lässt ihren Erzähler hier humorvoll auf eine geachtete Gestalt der englischen Geschichte anspielen.
ein Experimentalchemiker
Die Chemie war unter den Naturwissenschaften, die sich im 19. Jahrhundert als eigenständige wissenschaftliche Disziplinen herausbildeten, und sie war damit vergleichsweise spät dran. Auch musste die Gesellschaft erst daran gewöhnt werden, dass sich ein Gelehrter bei der Arbeit die Hände schmutzig macht, dass es also nicht nur (oder in erster Linie) theoretische Fachdisziplinen, sondern auch experimentelle und anwendungsorientierte gibt. Von diesem Zeitbezug abgesehen gibt es aber auch einen persönlichen zur Anspielung auf den ‚Experimentalchemiker‘: In der Landwirtschaftsschule von E. Nesbits früh verstorbenem Vater spielte die Agrarchemie als Innovationsfaktor eine große Rolle und viele Männer in der Familie der Autorin waren Chemiker.
nackten Pappkarton zu enthüllen
Mit dieser selbstironischen Bemerkung des Erzählers macht sich E. Nesbit natürlich ein weiteres Mal über Familienbeziehungen, die im Viktorianismus sehr bedeutend waren, sowie über die Engstirnigkeit der Verwandtschaft lustig. Angesichts der strengen Sitten ist aber gar nicht klar, ob der nackte Pappkarton als Zeugnis der Armut oder als erotisch gedeutete Anspielung – ähnlich den ängstlich zu versteckenden Tischbeinen – mehr Anstoß erregt hätte.
Chianti
Dieser Rotwein aus der Toskana war offensichtlich auch im Großbritannien des Romans schon zu haben – und kostbar. Vermutlich konnte das Königreich hier seine Handelsbeziehungen nutzen, um gutbürgerliche Weintrinker (und auch -trinkerinnen) zufrieden zu stellen.
eine Cachucha [tanzen]
Die Cachucha ist ein spanischer Tanz aus Andalusien im ¾- oder ⅜-Takt, der im 19. Jahrhundert beliebt war. Das Tanzen bot freilich auch Gelegenheit, mit dem Körper etwas freier und freudvoller umzugehen, als andere gesellschaftliche Anlässe jener Zeit. Die Musik dazu musste allerdings noch live und selbst gespielt werden.
Herr Gladstone
William E. Gladstone (1809-1898) war ein einflussreicher, in verschiedenen Ämtern altgedienter, britischer Politiker und viermaliger Premierminister, der zeitweise zugleich das Finanzministerium führte. Aus dem Konservatismus kommend, wandte er sich allmählich liberaleren Positionen zu; seine Schwerpunkte lagen in der Innen-, Wirtschafts- und Handelspolitik. Er versuchte verschiedene Sozialreformen und setzte sich in mehreren Fällen gegen Grausamkeiten im Krieg ein. Er galt als positionsstark und rhetorisch überzeugend, und verteidigte seine Positionen offenbar gerne durch eine Klarstellung der möglichen Alternativen. Auch sein Sohn Herbert John (1854-1930) war politisch aktiv.
auf den Philippinen im Krieg
Die Philippinen haben eine lange und wechselvolle Kolonialgeschichte und sind weiterhin Konflikten unterworfen, die noch nicht befriedet sind. Die Anspielung auf den Krieg, in dem Yolandes Partner (ehrenvoll) gedient haben soll, gilt aber wohl nicht der britischen Invasion von 1762, als Großbritannien für wenige Jahre Manila beherrschte, sondern wohl eher einer Rolle in der Philippinischen Revolution – wohl auf Seiten der Kolonialherren – oder einer Beteiligung am Philippinisch-Amerikanischen Krieg (an der Seite Amerikas?) von 1899-1902, der zeitlich knapp darauf folgte. Dieser Krieg wäre somit kurz vor Erscheinen des Romans offiziell zu Ende gewesen; er wirkte allerdings bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs nach. Weshalb der Erzähler das – sicher sehr „männliche“ – militärische Engagement seines „neuen Mieters“ und Rivalen um Yolandes Aufmerksamkeit so befürwortet, ist eine komplizierte Frage. Ein Teil der Antwort liegt aber wohl in der impliziten und nicht näher reflektierten Unterstützung kolonialer Politik durch E. Nesbit und vor allem ihren ersten Mann – ein Aspekt ihres Werks, der gegenwärtig öfter kritisiert wird.
Mezzotinto[s]
Mezzotinto („Schabkunst“) ist eine Technik der künstlerischen Druckgrafik, die aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt. Diese Art der Radierung gehört zu den Tiefdruckverfahren und eignet sich besonders gut zur effektvollen Wiedergabe von Graustufen, Licht und Schatten. Ausgehend von einer strukturiert aufgerauten Metallplatte, die einen dunklen Bilduntergrund abgibt, werden mit verschiedenen Werkzeugen unterschiedlich fein jene Flächen herausgearbeitet, die heller erscheinen sollen. Die Platte kann dann mithilfe einer Presse in unterschiedlich großen Auflagen gedruckt werden. Vor der Entstehung von Fotografie, Fotokopie und Digitaldruck waren solche künstlerischen Druckverfahren durchaus auch wichtige Medien visueller Mitteilungen.
Bye, Baby Bunting
Hier handelt es sich um ein traditionelles Wiegenlied. In der moderneren Version wird dem Kind erklärt, dass der Vater jagen gegangen sei, um etwas Kaninchenfell zu bekommen, in das er sein Baby wickeln könnte. In der älteren Version gehen weitere Familienmitglieder strophenweise anderen Haushaltstätigkeiten nach, aber der Vater besorgt wiederum (wärmendes) Fell für sein Kind. – Dass Chloe dies nun ausgerechnet ihrem neuen Haustier – dem Kaninchen, das gerade erjagt wurde – vorsingt, passt zu ihrer zwiespältigen Haltung zu diesem Geschehen. Der Übersetzer hat sich bemüht, diesen Zwiespalt durch ein deutsches Wortspiel deutlich zu machen. Dieses kleine Detail zeigt jedenfalls zugleich E. Nesbits hintergründigen und bisweilen durchaus trockenen Humor.
Stiefelknöpfer
Diese praktischen Geräte, bestehend aus einem kleinen Haken an einem langen Stiel, halfen zum Beispiel beim Zuknüpfen von Stiefeln aus steifem Leder und kamen erst nach dem 1. Weltkrieg aus der Mode. Heute gibt es Stiefelknöpfer als Sammlerstücke. Es handelte sich um einen häufigen Haushaltsgegenstand, vielleicht insofern vergleichbar mit einem heutigen Schuhlöffel.
unsere Ausgabe vom „Neunzehnten Jahrhundert“
Was die beiden hier wiederfinden, ist vordergründig vermutlich ihre Ausgabe eines zeitgenössischen Werks über das 19. Jahrhundert: eventuell sogar die rassistisch ausgerichtete Abhandlung des Philosophen H.S. Chamberlain (1855-1927) über die ‚Grundlagen‘ dieses Jahrhunderts… Aber geht es nicht vielleicht auch darum, dass den beiden der Zugang zu ihrem selbst miterlebten – und gerade zu Ende gegangenen – 19. Jahrhundert als historische Wurzel verloren gegangen ist? Der Roman lässt das gekonnt offen.
Beardsley- Illustrationen
Aubery V. Beardsley (1872-1898) war ein britischer Grafiker und Dichter des Jugendstils, dessen schlechte Gesundheit ihm nur ein kurzes Leben bescherte. Seine künstlerische Begabung fiel schon in jungen Jahren auf.Er war als Illustrator sehr gefragt, provozierte aber zugleich mit seiner Kunst. Er stand der Dandy-Szene nahe. Bekannt wurde er für fein ausgearbeitete, kurvenreiche Grafiken mit starken Schwarz-Weiß-Kontrasten, die oft auch ausgeprägt erotische Elemente aufnahmen.
Othellos Bessessenheit
Hier lässt E. Nesbit ihren Erzähler auf eine berühmte Tragödie William Shakespeares (entstanden wohl um 1603) anspielen, um (erotische) Eifersucht auszudrücken. Sie konnte dabei davon ausgehen, dass ihrem Publikum das Stück zumindest in groben Zügen bekannt war, oder man sich bemüht zeigen würde, es zu kennen. – Othello, ein erfolgreicher schwarzer Feldherr, gerät so sehr in die Fänge der Eifersucht, die sein Untergebener und Gegenspieler Iago intrigant für seine Zwecke nährt und nutzt, dass der eigentlich besonnene Befehlshaber zuletzt seine geliebte Ehefrau und sich selbst in einem Zornesanfall tötet. – Die Eifersucht in Liebesbeziehungen war – nicht zuletzt aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen – ein beständiges Thema für E.Nesbit. In dem von ihr geschaffenen Beziehungsdreieck Len – Chloe – Yolande steckt mit Sicherheit viel Autobiographisches – wie viel und inwiefern, das bleibt durch Interpretation und Diskussion zu entdecken.
Besserungsvereine
Das 19. Jahrhundert mit seinen rasanten Umbrüchen brachte nicht nur die Einsicht in die Notwendigkeit gesellschaftlicher Veränderungen mit sich, sondern vielfach auch einen großen Optimismus, dass solche Veränderungen gelingen und Verbesserungen zum allgemeinen Vorteil bringen würden. Der Weg dorthin war freilich ebenso wenig eindeutig wie zu anderen Zeiten, er wurde also eifrig –und oft auch mit zeittypischem hohen persönlichen Engagement, wie man es in späteren historischen Momenten nicht mehr unbedingt antrifft – gesucht. Dazu brauchte es freilich Solidarität und Mitstreiter: ein verbreitetes Instrument, um sich sozialer Missstände anzunehmen, waren die Besserungsvereine unterschiedlichster Art und Ernsthaftigkeit. Teilweise gingen diese selbstbestimmt – und weitgehend selbstorganisiert – von den betroffenen Menschen aus; teilweise waren sie paternalistische Instrumente der Obrigkeit oder – ebenso keinesfalls über Kritik erhabener – öffentlicher Wohltäter. – An dieser Stelle werden die Besserungsvereine jedenfalls insgesamt ein subtiles Opfer von E.Nesbits Humor, obwohl die Autorin eigentlich selbst zur Szene der Engagierten zählte. Was auch immer die berechtigte Kritik im Einzelnen ans Licht bringen mag, so sorgte die engagierte und organisierte Suche nach sozialen Lösungen bei allen Fehlern und Fehlschlägen dafür, dass der wissenschaftliche, technologische und industrielle Fortschritt des richtungsweisenden 19.Jahrhunderts nicht völlig entgleiste, sondern auch ein größeres Wohlergehen und bessere Lebensbedingungen für eine breite Masse an Menschen ermöglichte.
Morden House
Wie in Großbritannischen üblich haben Häuser in diesem Roman Namen – dieser hier klingt allerdings nur auf Deutsch bedrohlich und scheint auch nicht auf ein bestimmtes wirkliches Vorbild zu verweisen.
Botanik treiben oder Geologie oder sowas
Auf die Bedeutung der gerade entstehenden Naturwissenschaften für das 19.Jahrhundert, die zudem der Familie Nesbit nicht fern lagen, wurde hier bereits mehrfach hingewiesen. Sie galten auch als geeignete Hobbys, gerade für Jungen – und tatsächlich profitierten sie in dieser Phase auch oft von der Arbeit engagierter Amateure. Die Kinder in den Büchern E.Nesbits betätigen sich zudem oft als Entdecker(innen) – bei dieser Gelegenheit jedoch gehen sie Chloe jedenfalls erstmal auf die Nerven.
als Charles I. geköpft wurde
Der britische Monarch Charles I. (1600-1649), persönlich wohl ein eher zurückhaltender, religiöser Mensch, der an das Gottesgnadentum glaubte, verwickelte sich derart in Konflikte mit Adel und Parlament, dass er 1649 hingerichtet wurde – ein Vorkommnis, das für eine so außerordentlich hochstehende, adelige Person wie einen König eigentlich nicht infrage kam. Eine schwierige, autoritäre Innen-, und eine größtenteils erfolglose Außenpolitik, sowie ein Bürgerkrieg zwischen den verschiedenen Teilen des Reiches, trugen zu diesem Ereignis bei, das markant in die Geschichte Großbritanniens einging und europaweit Aufsehen erregte: Ein bedeutsamer Machtkonflikt. – Hier dient dieses Stück Geschichte wohl als eine Art Schulstoff aus dem kollektiven Gedächtnis, den die Kinder für ihre Expedition ins Schriftstellerhaus zusammengetragen haben. 
des Feuers von London
Hier bezieht sich E. Nesbit auf eines der großen verheerenden und traumatischen Ereignisse der britischen Geschichte: Im Jahr 1666 brach in London, in der frühen Neuzeit eine der größten europäischen Städte, in einer Bäckerei ein Feuer aus, das sich außerordentlich schnell und weit verbreitete. Brandschutz war noch nahezu unbekannt, eine organisierte Feuerwehr noch nicht eingerichtet. Die Stadt war dicht bebaut und dicht bevölkert, oft mit Holzhäusern, und voll von leicht brennbarem Material. Das „Great Fire of London“ kostete unzählige Menschenleben, verwüstete weite Teile der Hauptstadt, zerstörte wichtige öffentliche Gebäude, darunter die St. Paul's Cathedral, und hinterließ Millionenschäden. Der anschließende Wiederaufbau unter Stararchitekt Sir Christopher Wren soll 30 Jahre gedauert haben. Wie hier zu sehen ist, dient die Brandkatastrophe aber auch als Stoff für große und kleine Geschichtsgelehrte. – Vergleiche auch (Englisch): Eine geschichtliche Darstellung im Museum der Londoner Feuerwehr
die Bastables
Die Bastables, eine fiktive Familie, deren selbstbewusste Kinder die Helden von E. Nesbits wichtigsten Kinderbüchern sind, verhalfen der Autorin zu Ruhm und Reichtum und erhalten in diesem Roman interessanterweise eine charmante Nebenrolle. Die Kinderbuchserie um die Bastables liegt auch in offizieller deutscher Übersetzung vor. – Durch ihre häufigen und kreativen Zitate fremder und eigener Erzählungen nimmt E. Nesbit im Kleinen bereits ein Merkmal moderner Literatur vorweg.
Guy Fawks- Spiel
Guy Fawks (1570-1606), eine weitere ikonische Gestalt in der Geschichte Großbritanniens, war britischer Soldat und bekanntester Mitverschwörer am „Gunpowder Treason and Plot“ unter Robert Catesby (1573-1605). Ziel war es, König und Parlament auszulöschen, indem unter dem Parlamentsgebäude zu geeigneter Zeit Schießpulver zur Explosion gebracht werden sollte. Hintergrund der Pläne war ein Religions- und Machtkonflikt. Das Parlament enttarnte jedoch die Verschwörer, darunter auch Guy Fawks, der später vom Podest des Galgens gesprungen sein und sich das Genick gebrochen haben soll, und brachte sie zu Tode. – Der Guy Fawks Day ist bis heute Feiertag in Großbritannien; aber man erkennt, warum Len nicht besonders wohl dabei ist, dass die Kinder in seinem Keller diese Geschichte nachspielen könnten.
Wäschemangel
Hier muss wieder daran erinnert werden, dass zur Zeit des Romans Waschmaschinen, welche die schwere Arbeit des Wäschereinigens erleichtert hätten, noch ein Zukunftstraum von Hausfrau und Hauspersonal waren. Mit einer Wäschemangel kann mithilfe von Walzen und viel mechanischem Druck Wäsche getrocknet und geglättet werden – immerhin eine Erleichterung. Im 20. Jahrhundert wurden Wäschemangeln dann überwiegend von Bügelmaschinen abgelöst.
Bettwärmer
Da das Heizen der Räume oft schwer fiel, und kalte Betten ungünstig waren, gab es verschiedenartige Bettwärmer aus Metall, die am Feuer aufgewärmt oder mit glühenden Kohlen befüllt, zugedeckt und ins Bett gelegt wurden, damit man es dort zur Schlafenszeit angenehm warm haben sollte. Bettwärmer gab es noch bis ins 20. Jahrhundert, allerdings kam bereits im 19. Jahrhundert die mit heißem Wasser befüllte Wärmflasche dazu. Len und Chloe ihrerseits werden diese Gegenstände wohl kaum ganz freiwillig aufgestellt haben, sondern eher aus Mangel an dekorativem Nippes.
Scone[s]
Scones sind ein rundliches, kleines und luftiges Teegebäck mit viel Butter, die zur Zeit des Romans eine Kostbarkeit war. Scones aus Pfanne oder Ofen gehören zur kulinarischen Tradition der britischen Inseln – und freuen offenbar nicht nur Yolande, bis heute.
die würdigen Armen
Die „würdigen Armen“ – the deserving poor, jene, die Hilfe „verdienen“ – sind als moralisch definierte Gruppe ein (umstrittenes) Konzept konservativer Sozialpolitik des 19. Jahrhunderts. Es beinhaltet die Vorstellung, dass einige Menschen aus eigenem Verschulden, „unwürdig“, auch durch charakterliche Nachlässigkeit und mangelnden Fleiß, in Armut geraten, und deshalb keine Hilfe oder Solidarität verdienen würden. Die hier angeführte zweite Gruppe, „die würdigen Armen“, hingegen zeichnen sich durch vorbildliche Lebensführung, Fügsamkeit und Einsatz aus, und sind nur durch unglückliche äußere Umstände schicksalhaft in Armut geraten: Ihnen steht Hilfe, Unterstützung und Besserung zu. – Aus der historischen Rückschau wird sehr klar, dass dieses Konzept umfassende Vorannahmen mit sich bringt, die nicht unbedingt gerecht oder menschenfreundlich sind. Ob sich die Armut im 19. Jahrhundert tatsächlich entlang solcher Trennlinien zutreffend beschreiben (oder gar bekämpfen) ließ, ist nicht letztgültig geklärt: Allerdings erscheint es fragwürdig, einzelnen Menschen individuell den Großteil der Verantwortung dafür aufzubürden, wie sie persönlich aus derart großen Umwälzungen wie jenen der frühen Industrialisierung hervorgehen – zumal der Vorwurf der ‚Unwürdigkeit‘ von den ohnehin privilegierten sozialen Klassen ausging. E. Nesbit jedenfalls, deren sozialreformerisches Umfeld zu diesem Konzept kritisch gestanden haben wird, scheint sich hier auf ihre subtile Art über die Debatte lustig zu machen.
Girton
Das Girton College der hochangesehenen Universität Cambridge war eine der ersten Bildungseinrichtungen für Frauen, an denen sie einen Universitätsabschluss erwerben konnten. Hier wurden ihnen zunächst vor allem kulturwissenschaftliche Fächer und Mathematik, sowie solche Kurse angeboten, die man als „geeignet für Frauen“ erachtete. Später erweiterte sich das Angebot. Das Girton stand also für den Bildungsaufstieg von Frauen – und einen neuen Typ Frau. E. Nesbit, die zwar eine vergleichsweise gute, breit aufgestellte Bildung erhalten, aber keine Universitätskarriere durchlaufen hatte, und mit Weiblichkeitsidealen rang, begegnete den „Girton Girls“ mit gemischten Gefühlen. Das Girton gibt es noch heute (Englischer Webauftritt des Colleges) – inzwischen aber als gemischtgeschlechtliches Institut.
keinen Mann in Indien
Indien, das „Juwel in der Krone“ des Kolonialreichs Großbritannien, spielte in der frühen modernen Literatur eine prominente Rolle als exotischer, befremdlicher Raum, in dem eigenartige Dinge geschehen und seltsame menschliche Antriebe und Leidenschaften zum Ausdruck kommen konnten – ein Raum, der heimische Verhältnisse durcheinander brachte. Dies hatte wahrscheinlich mehr mit der Lebenswelt der Kolonialherren als mit den Realität vor Ort zu tun, auch wenn der (unfreiwillige) Kulturkontakt sicher auf beiden Seiten reichlich Potential für Verletzungen barg. Romanciers jedenfalls nutzten solche klischeehaften Erzählformen gern, um zusätzliche Spannung in ihre Werke zu bringen. E. Nesbit ihrerseits macht sich auch über diese Tradition sehr hintergründig lustig.
deinen Namen unter die Geschichten setzen
Wessen Name unter einer Geschichte stand, war bis ins frühe 20. Jahrhundert, insbesondere für Autorinnen, die ja noch um ihre Anerkennung unter den Schreibenden kämpfen mussten, eine wichtige Frage. Gelegentlich legten sie sich sogar ein männliches Pseudonym zu, um öffentlich Gehör und Erfolg zu finden. In einer sehr auf persönliche Autorität und Ehre bedachten Kultur war die Namensfrage vielleicht auch noch einmal entscheidender als in ‚offeneren‘ Gesellschaften. E. Nesbit schrieb gelegentlich unter Pseudonym, oft auch gemeinsam mit ihrem ersten Mann unter einem einzigen Künstlernamen: Die Rivalität der beiden, wer die wichtigere Autorenfigur wäre, spiegelt sich vielleicht in dem Dialog zwischen Chloe und Len. Edith selbst lieh sich den Nachnamen ihrer Mutter und kürzte ihren Vornamen geschlechtsneutral ab (oder ein), um ihre literarischen Werke wirksam zu unterzeichnen.
wie Frances Hochzeit im „Professor“
Hier bezieht sich E. Nesbit auf den Roman The Professor: A Tale, ein Frühwerk ihrer Schriftstellerkollegin C. Bronté (1816-1855). Darin findet ein junger Intellektueller, aus dessen Perspektive erzählt wird, seinen eigenen Platz im Leben und in seine Rolle als Lehrer, nachdem er zuvor von mehreren Männern und Frauen herumgestoßen und manipuliert wurde. Die junge Lehrerin Frances ist seine Geliebte und spätere Frau, an deren Seite er jedoch gegen Widerstände und Intrigen erst finden muss: Er trifft sie auf einem Friedhof wieder und die beiden erneuern ihre Beziehung. Dementsprechend muss sich das Paar erst eine eigene Stellung erarbeiten – und erlebt wohl keinen großen Bahnhof zur Hochzeit. – Hier arbeitet E. Nesbit ein weiteres Mal mit der Literatur von Kolleginnen und zeigt ihre Verwurzelung in der Welt der erzählenden Buchstaben – diesmal holt sie sogar eine ziemlich emanzipierte, weibliche Stimme zu sich.
ein junger Murdstone
Mister Murdstone ist eine Figur aus Ch. Dickens bekanntem Entwicklungsroman David Copperfield (1849/50), der  Stiefvater und herzlose Gegenspieler des Titelhelden. Er tritt sehr autoritär und hart auf. In diesem Dickens-Roman verarbeitete der Autor kreativ viele Erlebnisse aus seiner eigenen schwierigen Karriere auf dem Weg ‚nach oben’, in die bessere Gesellschaft – und E. Nebit hofft auf weitere Assoziationen bei ihrem Lesepublikum und zeigt sich gut vertraut mit dem Werk der großen Kollegen.
Unser Los ist uns gefallen aufs Liebliche.
Dies ist ein variiertes Bibel-Zitat: Psalm 16,6. Es geht darin auch um die individuelle Verwurzelung in Gott und Glauben und die Überwindung des Todes – wichtige Themen für E. Nesbit, die unzählige ihr nahestehende Menschen verlor. Im Englischen wird allerdings mit den ‚pleasent places‘ – sprich: dem wohlgefälligen Ort, dem lieblichen Land – der Bezug zu einem Zuhause noch deutlicher als in der hier zitierten Bibel-Übersetzung nach M. Luther.
„dies ist ein bitterer Tag vor allen...“
In ihrer Not zitiert die in die Enge getriebene Intellektuelle Yolande gleich zweimal britisches Kulturgut – und reimt sich aus zwei Zitaten etwas zusammen. Der Übersetzer hat sich im Deutschen dann die Freiheit genommen, beide Zitat-Bruchstücke zu einem Ausspruch zu verschmelzen.  Die oben genannte erste Hälfte  stammt aus der Shakespeare-Tragödie Julius Caesar (1599) und eigentlich wird hier der Verrat an diesem römischen Feldherr und Kaiser beklagt. Der Verrat durch die eigenen Angehörigen, die geliebten Menschen, wird als „most unkindest cut of all“, als der aller unfreundlichste, feindlichste „Schnitt“ bezeichnet, der ihn, eher noch als der Schwertstoß, dem Tode näher brachte.
„Lord Percy sieht, wie ich gefallen“
Diese zweite Hälfte des auf Englisch (getrennt durch separate Anführungszeichen) und Deutsch zusammengereimten Zitats stammt ursprünglich aus der traditionellen Ballad of Chevy Chase, die eine Jagdpartie und kriegerische Schlacht aus dem englisch-schottischen Konflikt um das jeweilige Herrschaftsgebiet erzählt. Der siegreiche(re) Lord Percy sieht den schottischen Baron Douglas fallen – überdies in einer extrem blutigen Schlacht. – Dieser Ausflug der als Hausfrau in die Klemme geratenen Yolande in die Welt der Bildung belegt E. Nesbits virtuosen humorvollen Umgang mit Bildungs- und Kulturgut. Die Art der Krise, in die sie Yolande geraten lässt, und wie sie ihre Figur darin zeigt, verrät auch die Suche der Autorin nach einem Platz für Frauen (in der Gesellschaft) – und ihre Skepsis gegenüber emanzipierten Kolleginnen und Freundinnen.
„ein Hund sein lieber möcht’ ich...“
Wieder ein Zitat aus der Shakespeare-Tragödie um Julius Caesar, hier diskutieren Brutus und Cassius über den ‚gerechten‘ Mord und den Verrat an der (guten) Sache. Dieses Zitat passt nun wiederum zum ersten, wird aber von einem Einschub aus einem fremden Text durchbrochen – was in der Übersetzung des Humors halber nicht mehr gut herauskommt.
Erste Verletzung für Hilfsbedürftige
E. Nesbit macht sich hier mit ihren „fist wounds to the aided“ etwas über die aufkommenden Erste-Hilfe-Kurse lustig, die gerade Frauen zur Zeit des Romans häufig angeboten wurden und helfen sollten, durch verbreitete Anwendung des zunehmend gesicherten medizinischen Wissens Krankheit und  frühen Tod einzudämmen. Möglicherweise spielt auch die noch immer aktuelle Debatte aus dem 19. Jahrhundert, inwiefern man jemanden durch unangemessene Hilfe kränken kann (und dies unterlassen sollte) hier mit hinein.
eine solche Katzensammlung
Hier setzt die Autorin noch einmal eine schöne autobiographische Pointe zum Schluss – und bringt den Übersetzer und heutige englische Leser zum Schmunzeln: Zum einen verwendet sie an dieser Stelle die kätzischen Kosenamen zwischen ihr und ihrem Mann im Roman, was unter anderem ihren Bekanntenkreis erstaunte. Sie setzt damit natürlich auch auf die Katze als Symbol, die unnachahmlich Lebendigkeit und Kuscheligkeit auf sich vereinigt. Zum anderen freut sich Len als stolzer Vater im englischen Original allerdings, „such a collection of pussies“ im Hause zu haben – dies jedoch zu einer Zeit, als das englische Wort für „Kätzchen“ noch nicht für eines der weiblichsten Körperteile der Frau einstehen musste und bedenkenlos in Kinderreimen vorkam. So bekommt dieser Roman heute am Ende vielleicht doch noch eine deutlich erotische Note -- was bezogen auf unser Liebespaar nicht schlecht sein muss:Dies lässt sich besonders bei einer Autorin sagen, die das Körperliche aus ihrer Erzählung einer Liebe vollständiger verbannte, als es die historische Epoche an sich verlangt hätte. – Schließlich enden auch diese Kommentare damit mit einem einprägsamen kleinen Beispiel dafür, wie Texte über die Zeit und die Distanz zwischen Autorin und Lesepublikum Bedeutungen hinzugewinnen können, die so nie mitgedacht oder gemeint waren, aber manchmal (scheinbar) passen.

Textstand: 24.6.2022.Verbesserungsvorschläge werden gerne entgegengenommen. Glossar zur Begleitung der Romanübersetzung, herausgegeben von Christoph Trüper. Der Herausgeber dankt allen Beteiligten fürs Korrekturlesen und redaktionelle Beratung.